Naturschutzgerechte Beweidung im FFH-Gebiet 122

Naturschutz und Landschaftspflege mit vierbeinigen Helfern

Wenn bei Nerkewitz auf der mit Gebüschen gesäumten, steilen Südhangseite am Gönnabach das Meckern von Ziegen zu hören ist, hat das einen offiziellen Grund. Die Tiere sind mit einem Naturschutz-Auftrag gekommen und sollen einen „Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen“ erhalten – ein FFH-Lebensraumtyp, der auf den ersten Blick karg und öde wirkt, aber ein vielfältiges, blütenreiches Pflanzenspektrum mit seltenen und als gefährdet eingestuften Arten birgt, unter anderem Orchideen. Durch ihr Fressverhalten verhindern die Ziegen, dass die nach EU-Recht geschützte Fläche durch aufkommende Gehölze verbuscht und sich der Zustand der Fläche verschlechtert.

Fleißige Ziegen bei der Arbeit
Projektziele und Herausforderungen

Ziel des Projektes ist es, den FFH-Lebensraumtyp „Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen“ durch eine angepasste Ziegen-Beweidung langfristig zu erhalten. So werden die Flächen auf sanftem, naturnahem Wege wieder in ihren offenen Ursprungscharakter zurückgeführt. Denn die Ziegen sind Experten für verbuschte Flächen, da Sie eine Vorliebe für Gehölze haben und auch vor dornigen Gestrüpp nicht halt machen. Durch den Verbiss und Vertritt der Tiere werden vielfältige Mikrostrukturen geschaffen, welche Lebensraum für Pflanzen und Insekten sind. So profitiert beispielsweise die Orchidee Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) von solchen neuen, unbewachsenen Stellen um sich vermehren zu können.

Doch die Beweidung solcher Trockenrasen-Flächen birgt einige Herausforderungen: Die betreffenden Flächen liegen oft verinselt ohne ein angeschlossenes Wegenetz in steiler Hanglage. Dadurch sind die Einrichtung der Weidezäune und die Unterhaltung des Weidebetriebes sehr aufwändig. Hinzukommt, dass der magere Bewuchs der Flächen zwar naturschutzfachlich sehr wertvoll ist, aber für Weidetiere nur einen begrenzten Futterwertes aufweist. Damit ist auch die Erwirtschaftung tierischer Erzeugnisse entsprechend begrenzt. Allerdings ist es möglich, die Landschaftspflegeleistung mit Fördermitteln zu vergüten.

Maßnahmen

  • Nahe beieinander liegende einzelne Flächen (mit Ausweisung FFH-Lebensraumtyp oder streng geschützte Biotop) werden miteinander zu einen Flächenkomplex verbunden. Die Anbindung der einzelnen Flächen erfolgt durch beauftragte selektive Entbuschungsarbeiten.
  • Durch die Schaffung von Zugängen (Triften) für den Auf-/Abtrieb der Ziegen sowie dem Weidezaunkauf und -bau wird die Ausgangssituation auf den Flächen für den nutzenden Betrieb deutlich verbessert.
  • Der lokale Betrieb erhält finanziellen Ausgleich für die naturschutzgerechte Beweidung der Flächen mit Ziegen.
  • Vorgreifend der praktischen Umsetzung wurden für die Maßnahmen die umfangreichen Abstimmungen mit Flächen-Eigentümern durch das Projekt -übernommen.
  • Für die Beweidung wurde auf Grundlage der jeweiligen Pflanzenartenvorkommen auf den Flächen Beweidungszeiten mit dem Betrieb abgestimmt und naturschutzfachlich begleitet. Zudem wurde auf ausgewählten Flächen ein botanisches Monitoring Anfang und Ende des Projektes durchgeführt, um die weitere Entwicklung der Pflanzenartenvorkommen während der Beweidung langfristig bewerten zu können.
  • Im Sommer 2024 wurde erstmals eine öffentliche Führung zum Thema „Beweidung von Trockenrasen“ durchgeführt. Interessierte haben zukünftig 1x jährlich die Möglichkeit, den kooperierenden Betrieb und die Besonderheiten ausgewählter Ziegen-beweideter FFH-Lebensraumtypen kennenzulernen.
Umsetzung

Im Rahmen des Projektes konnten mehrere Flächen mit einer Gesamtgröße von 2,82 ha in die Ziegen-Beweidung gebracht werden. Auf einem weiteren Flächenkomplex von ca. 1,5 ha wurde eine Entbuschungs-Maßnahme für die Zusammenführung mehrerer Einzelflächen durchgeführt, um zukünftig eine zusammenhängende Beweidung zu ermöglichen.

Ausblick

Das Projekt endet im März 2025. Dem laufenden Projekt angelehnt sollen in einem Folgeprojekt ab 2025 weitere FFH-Lebensraumtypflächen in eine naturschutzfachlich angepasste Beweidung überführt werden. Dafür wurden vorbereitend geeignete Flächen in mehreren FFH-Gebieten und mit unterschiedlichen Betrieben eruiert.

Fördermittelgeber
Europäische Union und Land Thüringen
Fördermittelnehmer
RAG Saale-Holzland e. V.
Projektlaufzeit
05/2022 – 03/2025

Ansprechpartnerin:

Nancy Hajdú

Projektmitarbeiterin

„Naturschutzgerechte Beweidung im FFH-Gebiet 122“

Telefon: +49 36693 3609-89

Mobil: +49 176 97728420

E-Mail: n.hajdu@rag-sh.de